Im Rahmen eines Verkaufs von Gesellschaftsanteilen gibt der Verkäufer gewisse Garantien und Haftungen gegenüber dem Käufer ab. Häufig anzutreffende Garantien betreffen u.a. die Existenz und Lastenfreiheit der zu verkaufenden Gesellschaftsanteile, Korrektheit und Kontinuität der Jahresabschlüsse, Eigentum und Lastenfreiheit von gewerblichen Schutzrechten, Eigentum, Lastenfreiheit und Gebrauchsfähigkeit des Sachanlagevermögens, Kontinuität und Wirksamkeit wesentlicher Verträge, die ausreichende und aufrechte Versicherung des Unternehmens, Mangel an Umweltrisiken, Nichtexistenz von Rechts- oder Verwaltungsstreitigkeiten und das Vorliegen öffentlich-rechtlicher Genehmigungen.
Dieser Katalog an Garantien ist individuell an die Transaktion angepasst und ist ein wesentliches Verhandlungsthema, insbesondere hinsichtlich: Art der Garantien, Haftungsgrenzen, Haftungszeitraum und Absicherung von Schadenersatzansprüchen in Folge einer Garantieverletzung. Um nicht wochenlang über den Garantiekatalog, Kaufpreiseinbehalte, Treuhandkonten oder Bankbürgschaften zu diskutieren und im schlimmsten Fall zum Deal-Breaker werden zu lassen, gibt es die schlanke Lösung der W&I Versicherung, Kurzform für Warranties & Indemnities.
Was ist eine W&I Versicherung
Die Versicherung deckt unbekannte (wenn gewollt auch bekannte, jedoch in der Höhe unbekannte) Risiken aus Garantieverletzungen ab. Die W&I Versicherung dient sowohl zur Absicherung des Käufers (Vermögens-Eigenschadendeckung) als auch der des Verkäufers (Vermögens-Haftpflichtdeckung) und überträgt Risiken von der jeweiligen Bilanz des Käufers oder Verkäufers auf die eines Versicherers bzw. eines Versichererkonsortiums.
Die Dauer des Versicherungsschutzes folgt in der Regel der vertraglich vereinbarten Gewährleistungspflicht für die Garantien. Der Umfang des Versicherungsschutzes ist vordergründig eine Kosten-Nutzen-Frage, sollte sich aber weitestgehend am Kaufvertrag orientieren.
Ablauf einer W&I Versicherung im Rahmen eines M&A Prozesses
Initiator einer W&I Versicherung kann sowohl der Verkäufer als auch der Käufer sein. In beiden Fällen gestaltet sicher der Ablauf wie folgt:
- Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung mit einem Broker
- Überlassung von Informationen zur geplanten Transaktion an Broker (SPA-Entwurf bietet sich an)
- Ansprache Versicherungsunternehmen durch den Broker
- Broker stellt eine Übersicht von Angeboten vor
- Auswahl des Versicherers
- Versicherer führt eine non-intrusive Due Diligence durch (z.B.: DD-Reports des Käufers werden zur Verfügung gestellt)
- Vorlage eines verbindlichen Angebots durch den Versicherer
- Vertragsabschluss (c. 2-4 Wochen nach Start)
Schließt der Verkäufer die Versicherung ab, haftet er nach wie vor für Garantien aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Käufer und kann sich erst im Nachgang am Versicherer schadlos halten. Das hat mehrere Nachteile, u.a.:
- Der Käufer muss den Anspruch gegen den/die Verkäufer richten. Potentielle Themen:
- Keine gesamtschuldnerische Haftung bei mehreren Verkäufern
- Verkäufer kann den Schaden nicht ausgleichen mangels Solvenz
- Verkäufer ist nicht mehr auffindbar
- Die Versicherung lehnt den Schadensfall ab, der Schaden verbleibt beim Verkäufer
Daraus resultierend hat es sich die sogenannte „Stapled Insurance“ vermehrt eingebürgert. Bei dieser leitet der Verkäufer den Prozess zum Abschluss einer W&I-Versicherung ein und stellt den Bietern ein unverbindliches Angebot der Versicherungen zur Verfügung. Die finalen Verhandlungen der Versicherungsbedingungen übernimmt dann der Käufer, der Versicherungsnehmer wird. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass der Abschluss der W&I Versicherung kein Bottleneck in den finalen Zügen der Transaktion darstellt, und es einen clean cut zwischen Verkäufer und Käufer gibt.
Kosten
Die Kosten einer W&I Versicherung belaufen sich in der Regel auf etwa 1,5% (+/- 0,5%) der Deckungssumme, wobei viele Versicherer eine Mindestprämie von etwa € 50.000 ausrufen. Der Selbstbehalt liegt üblicherweise bei 1% des Unternehmenswerts.
Der Versicherer erwartet ein Mindestmaß an Due Diligence. Dies kann einerseits unter Umständen die Transaktionskosten in die Höhe treiben, andererseits wird die Versicherung dadurch erst ab einer gewissen Mindesttransaktionsgröße interessant.
Für den Fall, dass (branchen-)spezifische Risiken außerhalb des „Standard“-Programms abgedeckt werden sollen (Bsp.: Garantie für unbekannte Umweltschäden bei einem erdölverarbeitenden Unternehmen), kann sich die Prämie rasch drastisch erhöhen.
W&I Versicherung im Lichte der Corona-Krise
Die derzeit ersichtlichen Konsequenzen der Krise für die M&A-Prozesse sind kleinere Bieterfelder, eine Verlangsamung der laufenden Prozesse und eine Verschiebung neuer Prozesse bis auf weiteres. Mit einem Blick auf die derzeit laufenden Prozesse kann eine W&I Versicherung zwar nicht die Unsicherheiten der aktuellen Situation beseitigen, aber Gewissheit für die Zeit nach der Transaktion bringen. Durch die Reduzierung der Ungewissheit stellt die W&I Versicherung einen helfenden Baustein am Weg zur erfolgreichen Transaktion dar.
Für Fragen zur W&I Versicherung steht ihnen ihr i-capital Team jederzeit gerne zur Verfügung. Kontaktieren sie uns!